Biologische Station Kreis Wesel und Krefeld e.V.

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Wir engagieren uns für die Natur.

Halbschmarotzer unterm Weihnachtsbaum

Foto: MistelfrüchteSchmarotzen – wie passt das zum Fest der Liebe? Ein Schelm, der da an einfallende Verwandte denkt, die man sonst das ganze Jahr nicht sieht... Nein, gemeint ist die Laubholz-Mistel (Viscum album), eine Pflanze, mit der viele Menschen eher romantisch-mystische Symbolik zur Adventszeit verbinden. Soll das alles auf einen Schmarotzer zurück gehen? In der Tat, so sieht es aus. Immerhin – nur eine Halbschmarotzerin. Sie entzieht ihrer Wirtspflanze Wasser und die darin gelösten Mineralien, die Photosynthese erledigt die Mistel aber selber. Das heißt, sie gibt noch Kohlendioxid und Sonnenlicht dazu und baut daraus u.a. den Traubenzucker, den sie zum Wachsen braucht.
Weit oben im Astwerk der Bäume sitzt die Mistel, wobei in unseren Breiten vor allem Pappeln und Apfelbäume, daneben auch Robinie, Linde, Ahorn und Walnuss betroffen sind. Dort oben kann eine Mistelpflanze bis zu 70 Jahre alt werden und maximal 1 Meter im Durchmesser groß.

Große Rolle in Mythologie und Aberglaube
Als man noch keine wissenschaftliche Erklärung dafür hatte, warum die Mistel auf Bäumen wächst und sogar im Winter grünt, ging man davon aus, dass die Götter selbst sie dort ausgesät haben mussten. Dass solche Pflanzen dementsprechend göttliche Kräfte haben, war wiederum die Schlussfolgerung daraus. Durch weiß gekleidete Druiden mit goldenen Sicheln geschnitten, verlieh die Mistel - entsprechend zubereitet - den Kelten Mut, Glück, Fruchtbarkeit und ein langes Leben. Aber auch bei den Griechen und Römern besaß sie große Bedeutung und gehört damit zu den ältesten Zauberpflanzen. (Davon konnten vor allem diejenigen unter den Römern ein Lied singen, die eine Begegnung mit den Galliern hatten, nachdem diese von Miraculix´ Zaubertrank gekostet hatten, dessen wichtigste Ingredienz die Mistel war...).
Als Symbol des Friedens gilt die Mistel im Christentum. Unter ihr versöhnen sich Feinde und geben sich den Friedenskuss. Das Küssen unter Misteln gilt anderswo als Fruchtbarkeitszauber und soll der geküssten Frau baldige Mutterschaft bescheren.

Foto: Misteln in unbelaubtem Baum Foto: Mistel in belaubtem Baum

Angepasste Giftdosis
Wirksame Inhaltsstoffe hat die Mistel in der Tat, und die sollten nicht unterschätzt werden. In allen Teilen außer den Früchten sind Stoffe enthalten, die Magen- und Darmbeschwerden, Übelkeit und Erbrechen bei Mensch und Tier auslösen können. Eine medizinische Wirkung bei Bluthochdruck und Arteriosklerose ist heute umstritten. Interessant ist, dass der Giftgehalt je nach Wirtsbaum unterschiedlich groß ist.

Misteldrossel und Co.
Zur Mistel gehört die Misteldrossel, aber so ausschließlich nur dem Namen nach. Die nicht wirklich delikaten Früchte werden wohl nur in Notzeiten vermehrt von den Drosseln und anderen Vögeln gefressen, die darin enthaltenen Samen im Anschluss an die Verdauung inklusive Düngergabe – sprich mit dem Kot – auf andere Bäume gepflanzt. Wer im Kreis Wesel "freilebende" Misteln sehen möchte, muss an die Kreisgrenze bei Duisburg oder Krefeld: Im Rheinberger Ortsteil Orsoyerberg sowie im Neukirchen-Vluyner Umfeld bei Niep liegt die nördliche Grenze des geschlossenen Verbreitungsareals.

Foto: MistelfrüchteAuch bei uns findet man in der Adventszeit immer häufiger geschnittene Mistelzweige in Blumenläden oder auf den Weihnachtsmärkten, woraus sich eine Bedrohung der Bestände entwickeln könnte. Da der Zauber der Mistel sowieso nicht wirkt, wenn man sie käuflich erworben hat, sollten Sie es sich vielleicht überlegen, bevor Sie zugreifen – dem Artenschutz zuliebe.

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